Zeit fürs Spielen, ungeplant rumprobieren oder Quatsch machen hat man als “erwachsener Mensch” gefühlt nur noch selten. Doch liegt es nicht wieder nur daran, dass wir sie uns nicht nehmen und dadurch auch verlernt haben, wie das freie Vergnügen ohne großen Sinn nochmal geht? Haben wir es uns mit unseren Smartphone, in dem nie Langeweile herrscht selbst abtrainiert kreativ zu sein? Ich habe meins jetzt mal kreativ genutzt und das Driften ausprobiert.
Fünf Minuten auf die Bahn warten? Handy raus! Werbung im TV? Handy raus! Gefühle von Einsamkeit oder zu verquere Gedanken im Bezug auf ein Problem auf Arbeit? Handy raus! Der Tanz durch die Timelines und Pinnwände voller schöner multimedialer Inhalten, serviert auf einem digitalen Tablett wirkt sich auf unsere Hirnwindungen aus. Und bei mir drückt das vor allem auf die Motivation: Wenn da draußen so viele geile DIY-Leute unterwegs sind, die unfassbar tolle Sachen probieren, wieso soll ich dann einen hässliche Knetfigur bauen, die mit keinem Filter der Welt gut aussieht? Wegen der Resonanz!
Während rumspielen und ausprobieren neuronale Vernetzungen stimuliert und kleine Feuerwerke durch den Kopf schießt, beeinflusst es außerdem stark die Wahrnehmung & vielleicht so etwas wie ein Gefühl von Lebendigkeit. Versteht mich nicht falsch, ich liebe das Netz und ich bin happy, dass ihr mich lest, aber wie oft kommt man nach einem Tag voller digitalen Konsum und/oder nach Hause und ist müde, antriebslos und quasi ausgelutscht? Vielleicht liegt das daran, dass wir keine wirkliche emotionale Resonanz aus diesen Aktivitäten ziehen konnten. Manchmal kommt es mir so vor, als wäre durch solche Tage meine Körper-Kopf-Beziehung und das Zeitempfinden komplett verschoben. Ich will wieder selber etwas erspinnen! Aus diesem Grund habe ich jetzt begonnen ab und zu zu “driften“ und die Menschlein, die meinen WhatsApp-Newsletter abonniert haben, eingeladen mitzumachen.
Das Spielen uns glücklich macht, erklärt auch, wieso Konzepte wie Escape Games oder Malbücher für Erwachsene so erfolgreich sind. Lest hier, wie ich mich selbst mal habe einschließen lassen, um Sherlock Holmes zu finden.
Was ist driften bzw. Dérive?
Kurz zur Erklärung: Ich bin gerade auf der Suche nach Beschäftigungen und Sachen, die mich die Zeit anders wahrnehmen lassen und nicht mit permanenter Kaufaufforderung zu tun haben sollen. Driften oder auch “Dérive” ist sozusagen das unkontrollierte Spielen in der eigenen Umgebung. Es gibt Aufgaben, die einen durch seine Umgebung schicken und wieder dazu bringen genauer hinzuschauen oder etwas auszuprobieren. Sei es durch Aufgaben von Online-Communities oder durch das Benutzen eines Würfels, mit dem man seine Richtung an jeder Gabelung entscheidet, man gibt die Kontrolle ab und es geht um den Moment.
Für jemanden wie mich, die oftmals jeden Weg mit der Öffi-App genauestens berechnet und lange Zeit nicht wusste, wie spazieren geht, eine Herausforderung.
Die Drift-Ergebnisse der WhatsApp-AbonnentInnen
Sportliche Girls mit Sneakern als Scheitelpunkt/Marmorisierte Öllache spiegelt Mutter mit umgebundenen Kind im Munch-Look/Berliner Kippenstengel-Freibad
Straßenrands Resterampe/Stiefmütterlich geknickte Röschen/Wenn das Bürofenster einen Knastausblick hat/All die abgeholzten Bäume mit all der ungeliebten Werbung/Spongebob Stinkkopf, der nach 2 Tagen schon mufft
Sogar die Potsdamer Seilfähre hat jetzt WhatsApp/Es gibt Kissen mit eingebautem LED/Ein Farbspiel mit Kontrasten gefunden
Manche LeserInnen drifteten auch nur für sich oder konnten nicht zu allen Aufgaben etwas finden. Toll ist jedoch, das viele mir positives Feedback schickten. Vor allem, dass folgen einer Person mit Hut war eine Aufgabe, bei der man detektivisch unterwegs sein und sich auch wirklich auf das kleine Spiel einlassen musste. Es wurde z.B. eine noch unbekannte Straße in der neuen Heimatstadt gefunden, in der sich ein leckerer Tortenladen versteckt hat.
Zu den ungeliebten Sachen zählten außerdem auch noch kalter oller Hagel, der zum Glück von innen betrachtet werden konnte.
Beim nächsten Mal dabei?
Wenn ihr jetzt sagt, das fetzt, dann schaut schnell hier rein, abonniert mich per WhatsApp und verpasst nicht den nächsten Drift-Rundgang! Egal, ob ihr es nur zum eigenen Spaß nutzt oder eure Bilder einsenden wollt, ich bin happy, wenn ich euch inspirieren kann ein bisschen achtsamer durch die Gegend zu wandern und wir gemeinsam dem sinnlosen Timeline-Scrolling den Kampf ansagen!
Liebe Elv, ein wirklich toller Artikel, der mich sehr inspiriert hat. Ich werde nachher mal einen Würfel mitnehmen, wenn ich die Kinder vom Kindergarten abhole und dann werden wir uns unseren Heimweg erwürflen, da gibt es nämlich viele Möglichkeiten und seit neustem öfters Streit 😛 – Ich freue mich über einen Gegenbesuch, Liebe Grüße, Ella